Arbeitskreis Digitaler Wandel

Über uns

Der Arbeitskreis Digitaler Wandel des Kreisverbandes Bonn besteht seit Herbst 2018. Wir beschäftigen uns mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft, den Staat und die Wirtschaft. Anders als der Fraktionsarbeitskreis sind wir nicht an das Geschehen im Bonner Stadtrat gebunden, sondern können unsere Themen frei wählen. In unseren regelmäßigen Treffen möchten wir voneinander lernen und gemeinsam Ideen für eine bessere Zukunft erarbeiten. Wir diskutieren über Digitalpolitik in Bonn, auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene sowie digitale Trends weltweit.

Was wir im Einzelnen machen, hängt vor allem vom Engagement der Mitglieder ab. So haben wir in der Vergangenheit über Themen wie Blockchain und Kryptowährungen diskutiert, eine Online-Veranstaltung zu Open-Source-Video-Konferenz-Tools organisiert sowie Online-Podiumsdiskussionen zum Arbeitsmarkt im Digitalen Wandel und zur Idee eines Cyber-Hilfswerks. Wir haben zum Wahlprogramm der Bonner Grünen beigetragen, über das Grundsatzprogramm diskutiert und uns mit dem Bundestags- und Landtagswahlprogramm beschäftigt. Auch über den Digital Services Act der EU haben wir ausgiebig diskutiert. Schwerpunktthemen unserer Diskussionen sind freie Software und digitale Souveränität und wir nutzen entsprechende Tools in unserem Arbeitskreis.

Wir freuen uns immer über neue Gesichter und neue Ideen. Unsere regulären Termine finden donnerstags in ungeraden Kalenderwochen von 19-21 Uhr statt. Derzeit nutzen wir für unsere virtuellen Treffen die Plattform BigBlueButton; wenn wir uns vor Ort in der Kreisgeschäftsstelle treffen, ist eine digitale Teilnahme ebenfalls möglich. Gerne könnt ihr euch in unsere Mailing-Liste eintragen. Dann bekommt ihr die Einladungen per E-Mail zugeschickt; eine kurze Mail reicht.

Stand zum Digitalen Wandel auf dem Münsterplatz

SharePic für den Besuch von Maik Aussendorf

Am 21.10.2023 haben wir auf dem Münsterplatz einen Stand aufgebaut, um mit den Bonnerinnen und Bonnern zum Digitalen Wandel ins Gespräch zu kommen. Wir hatten viele spannende Gespräche zu Wünschen und Sorgen in Bezug auf die Digitalisierung.

Maik Außendorf am 17. August 2023 zu Gast beim AK Digitaler Wandel

SharePic für den Besuch von Maik Aussendorf

Am 18.07.2023 war der Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf im AK Digitaler Wandel zu Gast. Er ist digitalpolitischer Sprecher der Fraktion, Leiter der Fraktions-AG Digitales, Mitglied im Bundestagsausschuss für Digitalisierung sowie im Wirtschaftsausschuss. Hierzu gab er uns viele spannende Informationen und Einblicke.

Die Diskussion spann sich insbesondere um die Themen Open Source, Agilität und Vergabe sowie digitale Souveränität. Ein wichtiges Thema war auch das Onlinezugangsgesetz (OZG). Es wurden mehrere Organisationen und Initiativen mit vielversprechenden Ansätzen für die Digitalisierung vorgestellt, darunter die Open Source Business Alliance (OSBA), das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDis) und der Souvereign Tech Fund (STF).

Bei der Umsetzung des OZG wurde Maik zufolge die Chance vertan, Standards für einheitliche Datenstrukturen und Programmierschnittstellen zu definieren. Nur auf Basis einheitlicher Vorgaben hätte der Plan aufgehen können, dass an einer Stelle entwickelte Lösungen für die elektronische Abwicklung von Fachverfahren auch an anderen Stellen hätten übernommen werden können.

Dass diese Definition einheitlicher Datenstrukturen und Schnittstellen noch stattfindet, bleibt die Voraussetzung für eine gute Umsetzung der Digitalisierung von Verwaltungen. In eine aktuell anstehende Überarbeitung des OZG wollen die Grünen einbringen, dass das BMI entsprechende Standards definieren muss. Solange dieser Prozess nicht top-down laufe, bestehe natürlich auch die Möglichkeit, anhand einer konkreten Anwendung gemeinsam mit gleichgesinnten Akteuren einen solchen Standard zu entwickeln und diesen bottom-up zu verbreiten. Hierzu gab es einen regen Ideen-Austausch im AK.

Zum Thema open-source-Software erläuterte Maik, dass diese aus seiner Sicht ein wichtiger Baustein für digitale Souveränität sei und viele bestehende Probleme ausräumen würde. Er wies auf die derzeitige Überarbeitung der Vergabeordnung durch das BMWK hin, die im Ergebnis ein open-source-first-Verfahren beinhalten solle. Dies sei durchaus realistisch, wenn man bei neuen Beschaffungen mit einer open-source-Ausstattung beginne und bestehende proprietäre Anwendungen erst nach und nach umrüsten würde.

Perspektivisch sieht er die digitale Entwicklung in Kommunen so, dass es Anbieter geben müsse, die die Anforderungen von Kommunen bündeln, die nötige Software-Architektur beschreiben, als Datentreuhänder funktionieren und den Kommunen rechtskonforme Cloud-Lösungen zur Verfügung stellen können.

Diskussionsveranstaltung „KI – Wir sind verantwortlich!

Ethische und politische Fragen zu künstlicher Intelligenz

Am 19.05.2023 hatten der Arbeitskreis Digitaler Wandel und die Bonner Europa-Abgeordnete Alexandra Geese zur Diskussion über ethische und politische Fragen zu Künstlicher Intelligenz (KI) eingeladen. Einen Überblick über ethische Fragestellungen gab aus wissenschaftlicher Perspektive Yannick Fernholz vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft, Berlin. Politische Fragen auf EU-Ebene zeigte Alexandra Geese auf, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament und Expertin für Digitalisierungsthemen. Im Co-Working Space THE 9TH lauschten etwa 20 Interessierte den Einblicken aus Wissenschaft und Politik und führten daran anschließend eine lebhafte Diskussion.

Weitere Informationen zur Veranstaltung

Links zum Thema:

Pressemitteilung des Europäischen Parlaments (11.05.2023, Englisch):

Alexandra Geese (11.05.2023):

Weizenbaum-Institut, "Forschung für die vernetzte Gesellschaft"

Nachruf

Der Arbeitskreis Digitaler Wandel nimmt Abschied von Victor Venema

Mit großer Bestürzung und Trauer haben wir erfahren, dass unser AK-Mitstreiter Victor Venema am 3. Dezember 2022 unerwartet und viel zu früh verstorben ist.

Victor gehörte in den letzten Jahren zum Kern unseres Arbeitskreises. Er versäumte kaum ein Treffen, teilte seine inspirierenden Ansichten mit uns und verfolgte mit Beharrlichkeit seine Ideen für eine offenere Welt, in der Wissen und Werkzeuge geteilt werden, Menschen zusammenarbeiten und persönliche Daten jedem selbst gehören. Er brachte sein Know-How über Open-Source-Lösungen mit, war die Schnittstelle zur Bonner Datenburg, schrieb für den AK auf Mastodon, initiierte eine Zusammenstellung und einen Info-Verteiler für gesellschaftliche Gruppen, die in Bonn zum Thema Digitalisierung aktiv sind.

Er hatte nicht nur gute Ideen, sondern arbeitete auch kontinuierlich an deren Umsetzung. Victor war – trotz seiner stillen Art – einer der Treiber hinter unserem Arbeitskreis. Stets zuverlässig, freundlich, unterstützend und mit viel Humor.

Victor, du fehlst!

Danke für die Zeit mit dir.

Weitere Abschiedsworte von Victors Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern finden sich auf der von seiner Schwester eingerichteten Kondolenzseite.

Viele seiner Arbeiten – vor allem als Klimawissenschaftler – findet man auch über seine Seite der Uni Bonn.

Wie geht's weiter mit dem Internet?

Die neuen Spielregeln für Facebook, Amazon, TikTok & Co.

Diskussionsveranstaltung am 27.10. im Coworking Space THE 9TH mit Alexandra Geese (Mitglied des Europäischen Parlaments) zum Digital Services Act, dem neuen „Grundgesetz für das Internet“

Dass es sich nicht um ein Thema für Nerds handelt, das war das Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussionsveranstaltung mit Alexandra Geese am 27.10.2022 im Coworking Space THE 9TH. Der Digital Services Act (DSA) der EU, zu deutsch die EU-Verordnung (2022/2065) über einen Binnenmarkt für digitale Dienste, stellt weitreichende Regeln für die Betreiber digitaler Plattformen wie Facebook, Amazon oder TikTok auf. Es ging jedoch nicht nur um die Inhalte, sondern auch den Kontext, vor dem das Gesetz zu sehen ist, dessen Regelungen teils ab dem 16.11.2022, teils ab dem 17.02.2024 gelten werden. In Brüssel kontrovers diskutiert, hat das Gesetz in Deutschland bislang wenig öffentliche Aufmerksamkeit erfahren.

Alexandra Geese, Bonner EU-Abgeordnete, hat für die Grüne Fraktion im Europaparlament das neue Gesetz mitverhandelt. Am 27.10. gab sie aus erster Hand tiefe Einblicke in die Verhandlungen im EU-Parlament, mit dem Europäischen Rat und der Kommission.

Zunächst machte sie jedoch ihre Motivation deutlich, sich politisch mit sozialen Online-Plattformen auseinanderzusetzen. Die folgenden Fragen habe sie sich gestellt: Welche Auswirkungen hat es, wenn sich die Diskussion gesellschaftlicher Themen von persönlichen Gesprächen ins Internet verlagert? Wie beeinflussen soziale Plattformen diese Diskussion? Welche Eigenlogik entsteht in digitalen Räumen, die ökonomische Gewinne über Werbung generieren? Und welche Auswirkungen hat all das auf die Demokratie und wie sie gelebt wird?

Hier stellte sie einen starken Bezug zu Forschungsergebnissen des Varieties-of-Democracy-Instituts (V-Dem) her, das unabhängige Untersuchungen zu Quantität und Qualität der weltweiten Demokratien durchführt. Zwar sei es eine starke These, einen Zusammenhang zwischen der Abnahme der Qualität und Quantität von Demokratien einerseits und der Art der Interaktionen auf sozialen Plattformen im Internet andererseits herzustellen, doch seien allein im Laufe der Verhandlungen des DSA unter anderem durch Whistleblower viele Informationen ans Licht gekommen, die einen sehr genauen Blick der Politik auf die sozialen Plattformen erfordern würden.

Ziel der Plattformen im Sinne hoher Werbeeinnahmen sei es, die Nutzerinnen möglichst lange auf den eigenen Seiten zu halten und zum Mitmachen zu animieren. Da Menschen am schnellsten durch Wut und Angst zum Handeln – im diesem Falle zum eigenen Posten oder Weiterleiten von Nachrichten – verleitet werden, seien Nachrichten, die diese Gefühle auslösten, besonders lukrativ. Vor allem seien es oft Desinformation und Hass-Botschaften, die zu Interaktionen führen und sich somit besonders schnell verbreiten. Empörung führt jedoch zu Polarisierung, und in einer polarisierten Debatte zählt das Argument wenig. Dadurch wird letztlich die Demokratie geschwächt.

Eine besondere Schwierigkeit liegt aktuell darin, dass das Wissen über die Nutzer sowie die Empfehlungsalgorithmen der Plattformen allein bei diesen liegt. Dies soll durch den DSA aufgebrochen werden. Die großen Konzerne müssen die Daten künftig für Forschungszwecke offenlegen, wobei insbesondere Auswirkungen auf Gesellschaft und Demokratie erforscht werden sollen. Darüber hinaus erhalten die großen Plattformen neue Pflichten von der Benennung von nationalen Ansprechpartnerinnen bis hin zur verpflichtenden Option, ein Empfehlungssystem anzubieten, das nicht auf Profiling basiert.

Im Vortrag und der anschließenden Diskussion wurden noch viele weitere Themen angesprochen und erläutert. Das Verbot der Werbung auf Basis von Profilen Minderjähriger wurde ebenso diskutiert wie die Haftungsfrage bei illegalen Inhalten und die voraussichtliche Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen.

Resümierend hätte sich Alexandra noch deutlich weiter gehende Maßnahmen gewünscht, beispielsweise ein Verbot von Werbetracking sowie klare Vorgaben zur Nachhaltigkeit. Entscheidend sei jedoch, dass ein erster Schritt gemacht ist. Mit dem DSA wurde erstmals auf die Funktionsweise der Plattformen abgezielt, anstatt konkrete Inhalte einzuschränken. Damit sei das Gesetz auch auf andere Länder übertragbar, und entsprechend erhalte es viel Aufmerksamkeit, z.B. aus den USA. Erstmals sei der Eindruck gebrochen, die Internetkonzerne seien zu groß, um reguliert zu werden. Europa habe hier ein deutliches Zeichen gesetzt – und gewissermaßen ein Grundgesetz für das Internet geschrieben.

Nun gilt es, das Thema weiterzuverfolgen. Unter anderem müsse diskutiert werden, welchen Unterschied es macht, ob Daten einem privatwirtschaftlichen Konzern vorliegen oder einem Staat, wie möglicherweise bei der aus China stammenden Plattform TikTok, die ein großer Anteil Jugendlicher nutze. Wie die Entwicklung auch sein wird – die gesellschaftliche Bedeutung der Regeln für Online-Plattformen wird nach diesem Abend wohl keiner der Zuhörer bezweifeln.

Links:

  1. Seite von Alexandra
  2. Europe-Calling Video zum DSA