Beschleunigung der Linie 66

Stellungnahme der Beueler Koalition zur Vorlage der Verwaltung der Stadt Bonn.

Straßenraumaufteilung im Bereich der Sankt Augustiner Straße zwischen Combahnstraße und Niederkasseler Straße

BEUEL, 27. Oktober 2021.  Die Frage, wie der Radverkehr nach der Umgestaltung der B56 geführt wird, ist sehr wichtig. Es ist für die Sicherheit und auch das Sicherheitsgefühl der Radfahrenden von großer Bedeutung.

Die direkte Nähe zum motorisierten Verkehr, wie sie bei der Variante 1 mit dem Radstreifen gegeben wäre, mögen für sportliche Radler kein Problem sein, jedoch viele Seniorinnen und Senioren, Familien mit Kindern und defensive Radfahrende fühlen sich in so einer Situation sehr unsicher und gefährdet, vor allem, wenn schwere Lkw dicht an ihnen vorbeirauschen.

In der Konsequenz werden solche Strecken von diesem Personenkreis nicht befahren und halten sie insgesamt davon ab, überhaupt mit dem Fahrrad zu fahren, wenn es nicht genügend sichere Wege gibt. 

Dies ist einer der Gründe, warum die Unfallstatistiken bei diesen Radstreifen keine höheren Zahlen aufweisen als explizit separat geführte Radwege.


 Weitere Gründe dafür, dass statistisch Radstreifen nicht gefährlicher erscheinen, sind schlecht geführte Radwege an Parkstreifen und schlechte Gestaltung von Einmündungen, die zu Abbiegeunfälle führen.

Ein Vergleich von Radstreifen mit baufälligen, handtuchbreiten Radwegen ist daher wenig aussagekräftig. Vor allem, da letztere eher an verkehrsreichen Straßen liegen, wo ohnehin mehr Unfälle zu erwarten sind.

Ziel des Radentscheides und der angestrebten Verkehrswende ist es, dass größere Bevölkerungsgruppen mehr und öfter das Fahrrad nutzen. Daher ist auch eine zentrale Forderung des Bonner Radentscheides, der mit 87% Zustimmung im Bonner Rat angenommen worden ist, dass bei neuen Straßen bzw. deren Umgestaltung getrennt geführte Radwege mit mindestens 2 m Breite einzurichten sind. Dies ist in Bonn zum Standard erhoben worden und genau dies wollen wir auch bei der Umgestaltung der stark befahrenen B56, die zur Beschleunigung der Linie 66 notwendig ist, umsetzen.

Mit guten, sicheren Radwegen für Menschen, die noch nicht Rad fahren, lässt sich der Radverkehrsanteil signifikant steigern: „Die Leute wollen möglichst getrennt vom Autoverkehr fahren, weil sie sich dann sicherer fühlen“.

Es gibt ein gutes Beispiel, welche den Unterschied verdeutlicht: Auf Osnabrücker Radfahrstreifen herrscht gähnende Leere. Dies ist auch den Verantwortlichen der Stadt aufgefallen: Auf „zu schmalen Radfahrstreifen an Straßen mit hoher Kfz-Verkehrsbelastung“, werde die subjektive Sicherheit „als schlecht wahrgenommen“ und es komme „vermehrt zum Vermeiden der Strecken oder Gehwegfahrern“, heißt es auf Anfrage.

Ganz anders sieht es in der hundert Kilometer nördlich gelegenen Stadt Oldenburg aus, die hinsichtlich Größe und Struktur vergleichbar ist. Radstreifen spielen dort so gut wie keine Rolle. Fast überall verlaufen Hochbord-Radwege. Der Fahrrad-Anteil am Verkehrsmix liegt in Oldenburg bei weit über 40 Prozent.

Einen weiteren Beleg liefert die dänische Hauptstadt, die als weltweites Vorbild in Sachen Radverkehr gilt: Die Radwege in Kopenhagen wurden konsequent verbreitert und baulich vom Fuß- und Autoverkehr getrennt. Der Erfolg: Dort fahren mehr Menschen mit dem Rad als mit dem Auto – Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität der Bürger profitieren.

Die Realisierung wie in der Variante 3 dargestellt, sieht zwar nur Mindestmaße vor. Angesichts des geringen Aufkommens an zu Fuß Gehenden, sind die Maße aber auskömmlich. Wir favorisieren daher eindeutig die Variante 3, weil sie einerseits einen Hochbordradweg vorsieht, den wir aus den dargelegten Gründen für unverzichtbar halten. Andererseits wird unter dieser Vorgabe so wenig Raum wie möglich beansprucht, da hier mit den Mindestmaßen geplant wird.

Es wäre im Übrigen sehr erfreulich, wenn bei allen Fuß- und Radwegen in Bonn die in der Variante 3 dargestellten Mindestmaße realisiert würden.

Interessant ist auch, dass die Mindestmaße bei der Engstelle vor der Haus Nummer 66 nicht gelten müssen. Warum eine geringfügig schmalere Straßenführung zu erhöhter Staugefahr führt,  im Vergleich zu einem Schutzstreifen, ist nicht nachzuvollziehen. Bei der Lösung mit dem Schutzstreifen kann regelmäßig der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,5 m beim Überholen nicht eingehalten werden.

Bei der Beachtung der einschlägigen Verkehrsregeln dürften die Radfahrenden dann nicht überholt werden.

Dieses Szenario birgt unserer Ansicht nach ein bedeutend höheres Staurisiko. Es sei denn man nimmt an, dass die Kfz-Lenkenden mit geringerem Abstand die Radfahrenden überholen und damit starker Gefährdung aussetzen.

Im Übrigen schreibt die StVO vor, dass die Sicherheit Vorrang haben muss, vor der Flüssigkeit des Verkehrs.

Beim Vergleich der Variante 1 mit Variante 3 geht es darum, ob von den 2.600 qm Grundstück nach der Umgestaltung 1.800 qm oder 1.900 qm, also ca. 100 qm mehr oder weniger verbleiben.

Dieser geringe Unterschied muss zur Vermeidung einer gefährlichen Situation und zur Gewinnung einer besseren Lösung, die den Vorgaben des Radentscheides entspricht, hingenommen werden.

Veröffentlicht am 27. Oktober 2021 um 12:00 Uhr.