Frauen in der Corona-Krise: Erfahrungsberichte aus der neuen Normalität

Als AK Feminismus haben wir im Mai zu einer Online-Podiumsdiskussion eingeladen.

 

Eine Krankenpflegerin, ein Risikomensch, eine Hebamme, eine Unternehmerin, eine Studentin und Katja Dörner (MdB und OB-Kandidatin für Bonn) haben mit den Teilnehmenden über die Arbeits- und Lebenssituation von Frauen im Corona-Zeiten diskutiert.

 

Corona wirkt sich sehr unterschiedlich aus – für die eine ändert sich auf der Arbeit fast nichts, für die andere alles. Hier ein kleiner unvollständiger Überblick:

 

Studierende haben rein digitale Semester, was für viele das Lernen erschwert. Da ein Großteil der Studierenden ihren Job zumindest zeitweise nicht ausüben konnten, verlieren nicht wenige die Existenzgrundlage. Unbürokratische Hilfen, die nicht zu einer Verschuldung führen, sind dringend notwendig.

 

Home-Office ohne Kinderbetreuung ist fast unmöglich: Dass die Kitas und Schulen im Frühjahr geschlossen hatten, bedeutete für viele eine enorme Belastung. Und die Eltern selber kamen komplett zu kurz zwischen Arbeit und der Aufgabe, ihre Kinder 24 / 7 zu betreuen.

 

Auch die Arbeit im Bundestag hat sich komplett verändert: Nur wenige Abgeordneten sind vor Ort im Plenum. Die Ausschüsse arbeiteten nur eingeschränkt. Für Katja Dörner hatte all das den Vorteil, dass sie nicht wöchentlich von Bonn nach Berlin und zurück mit dem Zug fahren musste. Gleichzeitig hatte auch sie im Home-Office das Problem, dass die Kinderbetreuung nur sehr eingeschränkt weiterlief.

 

Bei der Unternehmerin kamen die Hilfen im März unbürokratisch an – das Problem war nur, dass sie diese nur für ihre Fixkosten, nicht aber für ihre privaten Ausgaben nutzen konnte: Das bedeutet, dass zwar die Arbeit gesichert war, nicht aber das eigene Überleben.

 

Für die Hebamme lief die Arbeit weitestgehend unverändert weiter. Mehr Frauen* haben sich für eine Hausgeburt entschieden als vor der Pandemie. Traumatisch für viele war die zum Glück recht kurze Zeitspanne im März, wo Gebärende nicht von ihrem Partner / ihrer Partnerin begleitet werden durften.

 

Für die Erzieherin, die einen Risikomenschen als Partner hat, bedeutet COrona vor allem Stress und die Angst, sich anzustecken. In der Kita kann der Mindestabstand gar nicht eingehalten werden. Die Eltern waren in den meisten Fällen sehr verständnisvoll, was die Notbetreuung anging.

 

Insgesamt waren an diesem Arbeit viele “systemrelevante” Frauen dabei. Die Message war klar: Klatschen alleine reicht nicht. Gerade im Gesundheitsbereich, aber auch in der Bildung sind tiefgreifende Reformen nötig. Den Pflegenotstand gibt es nicht erst seit Corona.

 

Da viele Betten gesperrt wurden, der große Schwung an Patient*innen aber ausblieb, haben sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege sogar zum Teil verbessert, weil weniger Patient*innen auf eine Pflegekraft kamen. Gleichzeitig war auch hier die Angst vor einer Ansteckung allgegenwärtig.

 

Als Risikomensch hat sich unsere Referentin noch mehr einschränken müssen als die meisten anderen Bürger*innen. Keine privaten Kontakte mehr außerhalb der engsten Familie, einkaufen nur noch alle zwei Wochen. Die Solidarität in der Gesellschaft hat sie jedoch als sehr positiv empfunden. Und: Für Menschen mit Behinderung haben Home-Office, digitale Weiterbildungs- und Engagement-Möglichkeiten auch viele Vorteile mit Blick auf Teilhabe. Insgesamt gibt es nicht “die” Risikogruppe. Das Wort “Risikopatient*in” hört sich so krank an, was auf viele auch nicht zu trifft.

 

Insgesamt war es ein sehr erfolgreicher Abend mit einer guten Diskussion.

Veröffentlicht am 2. August 2020 um 12:00 Uhr.